Im Juli 2023 ist die Alltagsreflexion gestartet. Es gibt die zentrale Einrichtung (ZARex) im LAFP NRW sowie regionale Stellen (RARex) in den Behörden mit Regionalen Trainingszentren. Die Alltagsreflexion ist ein moderiertes und offenes Gespräch in einer Gruppe. Sie soll Raum zum Austausch untereinander und zur Auseinandersetzung mit der täglichen Arbeit bieten. Für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte im operativen Dienst mit Bürgerkontakt ist die Alltagsreflexion einmal im Jahr verpflichtend.
Das Format ist neu für die Polizei und nicht für jeden etwas. Doch die Rückmeldungen sind größtenteils positiv“, sagt Kathrin Henz von der RARex in Dortmund. Die Diplompädagogin mit Zusatzausbildung für Beratung und Supervision hat ebenso wie ihre Kolleginnen und Kollegen zuvor für über drei Monate in verschiedenen Direktionen hospitiert, um ein Gespür für den Arbeitsalltag bei der Polizei zu bekommen.
„Drei bis vier Stunden dauert die Alltagsreflexion in der Regel. Wenn gewünscht, können Anschlusstermine für Gruppen oder auch Einzelpersonen vereinbart werden“, erklärt Henz. Die Polizeiwache Dortmund Aplerbeck hat bei dem Termin zum Beispiel viel mitgenommen. „Wir sind eine Poolwache und haben sonst nicht die Möglichkeit, mit allen 23 Personen zusammenzukommen“, sagt David Ryrko. „Alle haben sich darauf eingelassen und so haben wir zum Beispiel danach die Kommunikation auf unserer Wache verbessert.“ Dass die Fachkräfte für die Alltagsreflexion selbst keine Polizistinnen und Polizisten sind, hat die Dienstgruppe als positiv bewertet. „Der Blick von außen hilft“, so Martina Zeiger.
Seit Januar 2024 können die ca. 6.000 Führungskräfte der Polizei NRW die erweiterte und dezentralisierte Führungskräfteberatung der Zentralstelle und der Regionalstellen FüFBI (ZFüFBI/RFüFBI) in Anspruch nehmen. Ein häufiges Beratungsthema ist beispielsweise der führungsbezogene Umgang mit Veränderungsprozessen.
Christine Kreuz ist seit Juni stellvertretende Kommissariatsleiterin beim Polizeipräsidium Hamm und hat das Coaching begleitend zur Übernahme ihrer neuen Funktion wahrgenommen. Zuvor war sie zehn Jahre lang Sachbearbeiterin in der Behörde.
"Ich habe das Coaching gemacht, um den Switch zwischen den beiden Rollen gut hinzubekommen. Ich muss jetzt Entscheidungen treffen, die nicht immer gut ankommen, und meinen Fokus ändern“, sagt die 39-Jährige. Ein gängiges Thema für Führungskräfteberater Klaus Schaar vom Polizeipräsidium Dortmund. „Das Verhältnis zum Team ändert sich in so einer Situation. Es ist wichtig, dass man sich des Rollenwechsels und der neuen Anforderungen bewusst ist“, erklärt er.
Bei konkreten Anliegen macht in der Regel ein Coaching Sinn. Wenn sich die Führungskraft beispielsweise auf ein Konfliktgespräch vorbereiten möchte, kann auch eine einzelne Sitzung ausreichend sein. In der Supervision erfolgt dagegen eine breit gefächerte Reflexion des beruflichen Führungsalltags. Ein weiteres Angebot ist die Kollegiale Beratung. Die Coaches helfen hier dabei, dass Führungskräfte sich in festen Gruppen zusammenfinden, um sich so regelmäßig gegenseitig zu beraten. Die Beraterinnen und Berater begleiten und moderieren die ersten Treffen, bis die Teilnehmer sicher genug sind. „Die Gruppen sind autonom, aber wir geben ihnen in einem Workshop nützliches Werkzeug an die Hand. Mit der Zeit wird der Austausch immer vertrauter und die Führungskräfte können viel voneinander lernen“, sagt Schaar.
Die Zentralstelle und die Regionalstellen PSU (ZPSU/RPSU) bieten als psychologische Fachdienststellen allen Polizeibeschäftigten niedrigschwellige Unterstützung zu Fragestellungen rund um die psychische Gesundheit in Form von Einzelgesprächen und Gruppenangeboten an. „Die Angebote werden sehr gut angenommen“, erklärt Sophia Saftien, Psychologin und approbierte Psychotherapeutin in der ZPSU.
Die Beratungsanliegen sind vielfältig: zum Beispiel Einsatzsituationen, die nicht mehr aus dem Kopf gehen, oder die Sorge, sich durch die Konfrontation mit Gewalt und Leid zu verändern. Der Fokus der Beratung liegt auf der Erhaltung oder Wiederherstellung der psychischen Gesundheit.
„Ich wusste gar nicht, was mit mir los ist – so kannte ich mich nicht“, sagt eine Klientin. „Dann habe ich da angerufen. Die Beraterin hat mit mir zusammen meine Gedanken und Gefühle sortiert und mir Wege aufgezeigt. Jetzt habe ich mich besser im Blick. Ich nutze das Angebot in längeren Abständen, um weiter gut für mich zu sorgen.“
Die Kontaktmöglichkeiten sind einfach, berichtet Sophia Saftien: „Wir arbeiten streng vertraulich und unterliegen der Schweigepflicht. Man kann uns direkt kontaktieren, ohne Einhaltung eines Dienstwegs. Wir haben auch eine telefonische Sprechstunde: Immer montags von 11 bis 12 Uhr kann man direkt mit einer Psychologin sprechen.“ Kontaktmöglichkeiten und Wissenswertes zur psychosozialen Unterstützung sind auch auf der Startseite im Intranet zu finden